Die Prokaryotische Zelle
Bakterien haben grosse Bedeutung für die Molekularbiologie und die Medizin. Zum einen sind sie Forschungsobjekt für das Studium von Lebensvorgängen auf molekularer Ebene und zum andern Symbionten und Krankheitserreger beim Menschen.
Grössen von Bakterien: 0.1 - 10 mm
Formen von Bakterien
Beispiele: (1) Kokken: Neisseria, (2) Stäbchen: Anthrax, (3) Hanteln: Clostridium, (4) Spirillen: Treponema, (5) Corynebacterium, (6) Vibrio, (7) Borrelia.
Allgemeiner Aufbau eines Bakteriums
(a) Nukleoid, (b) Zellmembran, (c) Zellwand, (d) Flagellen, (e) Pili, (f) Kapsel
Das Nukleoid
Bakterienzellen haben keinen Zellkern. Das Chromosom, ein ringförmiges DNA-Molekül liegt frei im Cytoplasma.
Beispiel eines Bakterienchromosoms (Escherichia coli):
Die Zellmembran
Sie umhüllt das Cytoplasma. Geladene Stoffe und Stoffe mit Molekulargewichten über 1000 können nicht durch sie diffundieren. Solche Stoffe müssen mittels spezifischer Membranproteine transportiert werden. Dies kann auch unter Verbrauch von Energie (ATP) gegen einen Konzentrationsgradienten erfolgen (aktiver Transport). Die Zellmembran besteht etwa zu gleichen Teilen aus Lipiden und Proteinen. In Prokaryoten beherbergt sie auch die Enzyme der oxidativen Phosphorylierung. Bei photosynthetisch aktiven Bakterien bildet die Membran spezialisierte Fortsätze (Thylakoide) aus. Diese enthalten die photosynthetischen Pigmente sowie Elektronentransport- und Photophosphorylierungssysteme.
Die Zellwand
Sie ist starr und gibt der Zelle mechanische Stabilität. Ihre chemische Zusammensetzung variiert stark in prokaryotischen Zellen. Bei Bakterien lassen sich mit der Gram-Färbung zwei Haupt-typen von Zellwänden unterscheiden: Gram-positive und gram-negative. Die Färbung hat grosse Bedeutung für die Diagnostik.
Gram-positive Zellwand: ca. 500 Å dick, bestehend aus etwa 20 Schichten von Peptidoglycan:
Aufbau der Zellwand
Das Antibiotikum Penicillin hemmt die Bildung der (Gly)5-Verbindungen und damit die Zellwand-Bildung und Vermehrung gram-positiver Bakterien.
Gram-negative Zellwand: Sie hat gewöhnlich eine dünnere Peptidoglycanschicht, dafür aber eine weitere Schicht bestehend aus Lipiden, Proteinen und Lipopolysacchariden.
Zellwandbestandteile von Bakterien bewirken Antikörperbildung im infizierten Menschen. Dies gilt vor allem für die toxischen Lipopolysaccharide von gram-negativen Bakterien.
Flagellen
Flagellen sind schraubenförmig verdrillte Proteinfäden. Sie werden von einem Basalkörper in der Membran um sich selbst gedreht. Sie wirken wie Schiffsschrauben und dienen der Fortbewegung. In Verbindung mit spezialisierten Rezeptoren für Aussenreize ermöglichen sie Ansteuern oder Vermeiden von Reizquellen (z.B. Chemotaxis). Die Anzahl und Anordnung von Flagellen hat für die Diagnostik Bedeutung.
Pili
Sie sind dünner und kürzer als Flagellen und haben ganz andere Funktionen: Uebertragung von DNA von einer Zelle zur andern (Konjugation) und Adhäsion ans Wirtsgewebe.
Die Kapsel
Sie ist eine relativ feste Schleimschicht bestehend aus Polysacchariden. Sie kann Bakterien im Wirtsorganismus vor Phagocytose schützen und ist deshalb für die Pathogenität von Bedeutung.
Sowohl Flagellen wie Pili und Kapsel sind nicht lebenswichtig für Bakterien und kommen deshalb nicht bei allen Arten vor. Einige Arten von Bakterien haben zudem die Fähigkeit, Endosporen zu bilden. Endosporen sind Partikel, welche die gesamte DNA der Zelle enthalten aber praktisch keinen Stoffwechsel zeigen (kryptobiotischer Zustand). Sie sind extrem beständig gegen Hitze, Trockenheit, UV-Bestrahlung etc. Sie stellen damit ein grosses Problem für antimikrobielle Behandlung von Lösungen, Instrumenten und Räumen dar.
Vermehrung
Die Zunahme der Zellzahl N in einer Bakterienkultur in Abhängigkeit von der Anzahl Zellgenerationen n lässt sich durch die Exponentialfunktion
beschreiben, wobei No die Ausgangszellzahl der Messung darstellt. So erreicht eine Kultur, die von No = 1 Zelle ausgeht (und in der sich alle Zellen gleichförmig teilen), nach n = 10 Zellgenerationen einen Umfang von N = 1.2 hoch 10 = 1024 Zellen. Die Zeit, welche zur Verdoppelung der Zellzahl benötigt wird, ist die Generationendauer. Eine exponentielle Zunahme der Zellzahl in Abhängigkeit von der Zeit ist nur unter Bedingungen gegeben, wo die Generationendauer konstant bleibt.
Beispiel: Zellen aus einer älteren, stationären Bakterienkultur werden in frisches Nährmedium überimpft. Es resultiert die folgende Wachstumskurve:
a) Induktionsphase: Die Zellzahl bleibt konstant, Anpassung ans neue Medium, Enzymsynthesen, etc.
b) Uebergangsphase: Die Zellen beginnen sich zu teilen, die Generationsdauer nimmt ab.
c) Exponentielle Phase: Die Generationendauer ist minimal und konstant.
d) Uebergangsphase: Die Generationsdauer nimmt zu.
e) Stationäre Phase: Die Zellzahl bleibt konstant, weil Nährstoffe aufgebraucht oder zuviel toxische Stoffwechselprodukte ausgeschieden worden sind.
Wachstumskurve
Die minimale Generationsdauer ist von Bakterienart zu Bakterienart verschieden. Einige Beispiele sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst:
Evolution
Wir nehmen heute an, dass sich Prokaryoten und Eukaryoten aus einem gemeinsamen Vorläufer parallel entwickelt haben. Die Prokaryoten spalteten sich dabei früh in 2 Hauptäste: Die Eubakterien und die Archaebakterien.
Evolution der Lebewesen
Eubakterien: In dieser Gruppe finden wir diejenigen Bakterien, welche für den Menschen als Symbionten oder Krankheitserreger von Bedeutung sind.
Archaebakterien: Sie sind in Form, Grösse und Aufbau der Zelle den Eubakterien ähnlich, die Zellwand besteht jedoch aus Proteinen und Lipiden. Aufgrund ihres Stoffwechsels und der Bedingungen, unter denen sie wachsen, nimmt man an, dass diese Gruppe zu Beginn der Besiedlung der Erde dominierte, als die Atmospähre viel CO2 und H2 aber wenig O2 enthielt. Später wurden sie in oekologische Nischen verdrängt. Unter ihnen gibt es Arten, die unter extremsten Bedingungen wachsen können.