Allgemeines


Hinweis: Dieses Kapitel behandelt das Thema der Replikation. Jede Zelle, die sich aus Gründen der Fortpflanzung oder des Wachstums eines Organismus teilen muss, repliziert, das heisst verdoppelt, ihr gesamtes Erbgut, damit jede Tochterzelle einen kompleten "Schriftsatz" der genetischen Informationen erhält. Dieser Vorgang verlangt eine enorme Exaktheit, da schon die kleinsten Veränderungen der Basenabfolge der DNA gravierende Folgen haben können. Daraus resultierende mögliche Schäden sind im Kapitel "Mutation, Mutagenese und Reparaturmechanismen" beschrieben.


DNA als Matrize


Am Beispiel der Replikation wurde zu ersten Mal gezeigt, dass Makromoleküle mit Hilfe einer molekularen Matrize synthetisiert werden. Mit der Aufklärung der Struktur der DNA-Doppelhelix durch Watson & Crick wurde ersichtlich, wie die DNA als Matrize, d.h. als Vorlage für die Vervielfältigung und Weitergabe der genetischen Information dienen könnte. Jeder Strang der DNA ist komplementär zum anderen. Somit kann ein Strang als Matrize dienen und der zweite Strang kann aufgrund der Regeln für die Basenpaarung synthetisiert werden. Dies soll am folgenden Beispiel klar werden:


Wenn der folgende Strang als Matrize dient:

5'-AGCGTTAGCGATCAT-3' muss der neu synthetisierte Strang die Basenfolge

3'-TCGCAATCGCTAGTA-5' aufweisen, da A mit T und G mit C basenpaaren.


Das Replicon


Ein DNA-Abschnitt, der von einem Replikationsstartpunkt aus repliziert wird, heisst Replicon. Ein eukaryotisches Chromosom wird von mehreren Stellen aus repliziert, hat also mehrere Replicons. Die Replikation beginnt am am "Origin" (Ursprung, Startpunkt) und läuft, wenn sie einmal begonnen hat, solange weiter, bis das gesamte Replicon verdoppelt ist.


Replicon und die Kontrolle bei der Replikation


Damit das gesamte Genom einer eukaryontischen Zelle beim Zellzyklus verdoppelt wird, muss die Replikation an vielen Origins gleichzeitig oder kurz nacheinander initiiert werden. Da alle Startpunkte "gezündet" werden, aber nicht alle Replicons gleichzeitig repliziert werden können, ergeben sich Probleme der Kontrolle. So müssen gewisse Merkmale replizierte von nicht replizierten Replicons unterscheidbar machen, damit bereits replizierte Replicons kein zweites Mal repliziert werden. Dies wird (kurz zusammengefasst) folgendermassen erreicht: Origins binden nach erfolgter Replikation einen Prä-Replikationskomplex (Eiweiss-Komplex) und bereiten so eine neue Replikation vor. Wenn die Zelle in einen neuen Replikationszyklus eintritt, werden in der späten G1-Phase spezifische Proteinkinasen synthetisiert und aktiviert, welche ihrerseits in der S-Phase die Prä-Replikationskomplexe aktivieren. Dies führt zur Replikation der DNA. Komponenten der Replikationskomplexe werden darauf inaktiviert und Proteinkinasen zerstört (Proteolyse).

In E. coli (Bakterium) stellt das Genom ein einziges Replicon dar, d.h. die Initiation an einem einzigen Startpunkt führt zur Replikation des gesamten Genoms. Bakterien können zusätzlich noch Plasmide enthalten: ein Plasmid ist ein ringförmiges autonomes DNA-Molekül, das ein eigenes Replicon darstellt. Ebenso ist jede Phagen- oder Virus - DNA ein Replicon, das während des Infektionszyklus viele Male aktiviert werden kann.


Semikonservative DNA-Replikation



Bildquelle: Knippers R.: "Molekulare Genetik",
6. neubearbeitete Auflage 1996,
Georg Thieme Verlag Stuttgart - New York,
ISBN 3-13-477006-7
Man kann sich verschiedenen Arten der Replikation vorstellen. Watson und Crick schlugen schon 1953 bei der Beschreibung der Doppelhelix folgenden Typ vor: Eine Doppelhelix (Mutterstrang) wird in ihre zwei Einzelstränge getrennt. Dabei entsteht eine Y-Figur mit einem doppelsträngigen Stamm und zwei zunächst einzelsträngigen Zweigen, deren Nukleotidfolgen als Matrizen für die Synthese neuer komplementärer Stränge dienen. An jedem von diesen "mütterlichen" Einzelsträngen wird nun durch spezifische Enzyme ein "Tochterstrang" synthetisiert. Diese Art der Replikation nennt man semikonservativ.

Andere Replikationstypen
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Andere Replikationstypen

Es gäbe theoretisch noch andere Arten der Replikation, beispielsweise die konservative Replikation. Bei dieser Form der DNA-Verdoppelung bliebe der ursprüngliche Doppelstrang erhalten und neben ihm würde ein neuer Doppelstrang synthetisiert (Abb.1). Bei der dispersen Replikation verteilen sich die Elternstränge gleichmässig auf die Nachkommen-Doppelstränge (Abb.2).


Das Meselson-Stahl Experiment


Matthew Meselson und Franklin Stahl zeigten 1957, dass die DNA-Replikation semikonservativ verläuft. Sie züchteten E. coli Zellen über mehrere Generationen auf einem künstlichen Nährboden, welcher als Stickstoffquelle das "schwere" Stickstoff-Isotop 15N an Stelle des "leichten" Isotopes 14N enthielt.

Die DNA, welche 15N-Isotope in ihren Bausteinen enthält, ist um etwa 1% schwerer als 14N-DNA. Sie lässt sich mittels Zentrifugation in einem CsCl-Dichtegradienten von der "14N-DNA" trennen.


Die E. coli Zellen, die "15N-DNA" enthielten wurden nun auf ein frisches Medium übertragen, welches nur das Isotop "14N" enthielt. Die "15N-DNA" diente nun als "Elternmolekül" für weitere Generationen.

Meselson und Stahl liessen die Zellen solange wachsen, bis sich die Zellpopulation gerade verdoppelt hatte. Im CsCl-Gradienten ergab die DNA der ersten Tochtergeneration nur eine einzige Bande, woraus sich folgern liess, dass alle DNA-Doppelstränge gleich schwer sein müssen und jeder einen "alten Strang" (15N) und einen "neuen" (14N) haben muss. Damit sprach das Ergebnis gegen eine konservative Replikation.





Darauf wurden die Zellen für eine erneute Verdoppelung in 14N-Medium gesetzt und die DNA wiederum im CsCl-Gradienten analysiert. Das Resultat waren zwei Banden, eine mit der leichten 14N-DNA und eine mit der gemischten 14N15N-DNA. Somit war semikonservative Replikation für die DNA von E. coli bewiesen.


Nehmen Sie die Stränge der zweiten Generation des Experimentes oben und zeichnen Sie die DNA-Stränge der dritten Generation, die in einem 15N-Medium entstehen würden, farbig auf.

Lösung
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Lösung

Als Ausgangs-DNA dient diejenige der zweiten Generation. Das Resultat sieht folgendermassen aus:

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