Gentechnologie bei Pflanzen
(Entnommen aus: "Gentechnik in der Pflanzenzüchtung - was ist heute machbar?" von Professor Dr. Heinz Siedler)
Mensch und Umwelt
- Die Zunahme der Weltbevölkerung bedingt immer intensivere Landwirtschaft
- Intensive Landwirtschaft verändert und belastet die Umwelt
- Zukünftige Landwirtschaft sollte intensiv aber ökologisch weniger belastend sein
Züchtung von Kultursorten
- Der Mensch verändert seit dem Neolithikum Pflanzen durch Züchtung (Auswahl von gewünschten Eigenschaften)
- Das Ueberleben dieser "künstlichen" Pflanzen (Kulturpflanzen) ist ganz vom Menschen abhängig, der sie hegen und pflegen muss.
- Beispiele: Mais, Tomaten, Kartoffeln und Paprika
- Mais: Zea mays wurde wahrscheinlich schon von den Vorgängern der Maya Indianern aus dem Gras "Teosinte" herausselektioniert. Teosinte ist ein meterhohes, mexikanisches Gras, das noch echte Verzweigung aufweist und gekreuzt mit Mais auch fertile Nachkommen liefert. Vollkommen unterschiedlich sind jedoch die weiblichen Blütenstände von Teosinte und Mais sowie die sich hierin entwickelnden Früchte. Bei Teosinte sind die Körner wie Perlen auf einer Schnur aufgereiht und kleben mit ihren verholzten "Schalen" aneinander. Bei Ausreifung wird die Region zwischen den Schalen brüchig und gewährleistet damit die Samenverbreitung - ein für Wildpflanzen absolut notwendiges Faktum. Ganz anders beim Mais. Die nackten Maiskörner sitzen in vielen Reihen ässerst fest an der zentralen Rachis, dem Kolben. Hierdurch ist einmal eine biologische Dispersion fast unmöglich, zumindest sehr stark behindert, und andererseits sind die nackten Körner auch fast schutzlos Krankheiten und Frass ausgesetzt. Biologisch haben die meisten "Kultivare" ihre Kompetitivität weitgehend eingebüsst. Aus diesem Grund verursachen derartig kultivierte Pflanzen dann auch keine oder nur geringe Umweltprobleme durch Auswilderung, wenn sie in andere Biotope verbracht werden.
Intensive Landwirtschaft
- Der Anbau von genetisch einheitlichen Pflanzen kann zur explosionsartigen
- Ausbreitung von Pflanzenkrankheiten führen
- Einsatz von Düngemitteln und Herbiziden zur Maximierung der Erträge
- Herbizide und Düngemittel belasten die Umwelt, z.B. Böden und Trinkwasser
- Ein Teil der Probleme kann mit Hilfe gentechnologischer Methoden entschärft werden
Gentechnische Methoden
- Gene können in Kulturpflanzen eingeschleust werden
- Die Uebertragung eines Gens in das Genom einer Pflanze noch nicht zielgerichtet, d.h. der Integrationsort im Pflanzengenom ist zufällig
- Der Züchter selektioniert die transgene Pflanze, in der das Transgen optimal ausgeprägt wird und an der keine weiteren Veränderung festzustellen sind
Monogene Veränderungen
a) Herbizid-Toleranz:- Wenn Herbizide eine unzureichende Wirtspezifizät besitzen, muss die Kulturpflanze vor diesen Substanzen geschützt werden
- Dieser Schutz ist mit Hilfe gentechnologischer Methoden möglich
- Beispiel: Viele dieser neuen Wirkstoffe greifen in die Aminosäurebiosynthese ein, so dass daher "alle" Pflanzen sensitiv sind. Allerdings konnten Bakterien isoliert werden, die trotz Anwesenheit des Wirkstoffes weiterwachsen und somit resistent gegenüber dem Wirkstoff sind. Eine derartige Toleranz kann auf mehreren Mechanismen beruhen: (1) das "sensitive" Enzym wird überproduziert und somit eine Toleranz gegenüber einer bestimmten Dosis des Wirkstoffes erreicht; (2) es kann ein mutiertes Enzym vorliegen, das resistent gegenüber der Wirkungsweise der Substanz ist; (3) es kann eine neue Enzymaktivität im Bakterium vorliegen, die den Wirkstoff inaktiviert. Gene aus solchen toleranten Bakterien wurden isoliert, in ihren Expressionssignalen verändert und in Pflanzen eingebracht, mit dem Ergebnis, dass diese jetzt tolerant gegenüber dem Herbizid waren. Der Einsatz derartiger transgener Pflanzen könnte zu einer Reduktion der Aufwandmengen an Herbiziden in der Landwirtschaft führen, da nunmehr äusserst effektive, aber relativ kurzlebige Wirkstoffe nur nach entsprechender Indikation eingesetzt werden müssten.
- Biologische Präparate zur Bekämpfung von Insektenfrass: Bacillus thuringensis (Bt) Arten produzieren äusserst spezifische Toxine, die fast artspezifisch auf bestimmte Insektengruppen wirken
- Diese Mikroorganismen werden auf besonders gefährdete Kultursorten, z.B. Baumwolle ausgebracht, um dem zu erwartenden Schaden durch Insektenfrass zu begegnen
- Eleganter und auch sicherer wäre eine Verlagerung dieser Schutzmassnahme direkt in die Pflanze
- Toxin-kodierende Gene werden aus verschiedenen Bt-Arten isoliert und in ihren Expressionssignalen so verändert, dass eine Ausprägung dieser Bt-Toxingene auch in Pflanzen stattfinden kann
c) Virus Resistenz
- Prinzip: virale Gene werden in das Pflanzengenom integriert und dort ausgeprägt. Dies verleiht der Pflanze, auf ganz unterschiedlichen Ebenen der Vermehrung und Verbreitung des Virus, einen Schutz
- Beispiel: Blattrollvirus (PLRV) der Kartoffeln. PLRV kodiert ein Protein, das für seine Ausbreitung durch das Phloem benötigt wird. Hierzu scheint das grosse Protein mit einer Domäne an die Nukleinsäure des Virus und mit einer anderen miteinander zu polymerisieren und so die Ausbildung von gestreckten Strukturen zu ermöglichen, die einen Transport von Zelle zu Zelle durch die Plasmodesmata erlauben. Das entsprechende virale Gen wurde isoliert und in seiner Nukleinsäure-Bindedomäne derart verändert, dass bei Co-Polymerisation auf der viralen Nukleinsäure keine gestreckten Strukturen gebildet werden und daher der Transport weitgehend unterbleibt. Kartoffeln, die dieses Genkonstrukt enthalten, sind im Gewächshaus resistent gegenüber dem Blattroll Virus
- Die Resistenz muss im Freiland erprobt werden, um eventuell auch anwendungsrelevant zu werden
- Wichtig für Entwicklungsländer wo grosse Teile der Ernte durch Virus-Krankheiten verloren gehen
d) Resistenz gegen pilzliche Erkrankungen:
- Pilzkrankheiten: grosses Problem der Landwirtschaft industrialisierter Länder
- Einsatz von Fungiziden führt zunehmend zu Umweltschädigungen
- Die Züchter versuchen Krankheitsresistenzgene aus verwandten Wildsorten in die Kulturpflanzen einzukreuzen
- Die Isolierung der Krankheitsresistenzgene stellt ein erhebliches Problem dar, denn in vielen Fällen scheint Resistenz gegen pilzliche Erreger multi-faktoriell kodiert zu sein.
Polygene Veränderungen
Beispiel: Veränderungen in der Stärkezusammensetzung- In vielen stärkehaltigen Pflanzen liegt in den Speicherorganen eine Mischung von verzweigter und unverzweigter Stärke vor
- Für eine bessere industrielle Nutzung wäre eine bereits in der Pflanze vorgenommene Auftrennung dieser Stärken wünschenswert
- In Mais sind Mutanten des waxy Gens bekannt, deren Körner lediglich Amylopektin (verzweigte Stärke) enthalten
- Ausschasltung des Gens in Kartoffeln führte zu Knollen, in denen eine deutliche Erhöhung des Amylopektingehaltes beobachtet wurde
Transgene Pflanzen
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Transgene Pflanzen als Impfstoffe
Die Angaben enstammen dem folgenden Artikel: Giovanni Levi "Vaccinia cornucopia" EMBO Reports 1: 378-380, 2000.
Konzept:
- Transgene Pflanzen exprimieren Eiweiss-Teile, die die Produktion von Antikürpern induzieren, welche den Organismus gegen einen Krankheitserreger schützen
- Impfung: die Pflanze oder ihre Früchte werden gegessen
- besonders geeignet gegen Krankheitserreger, welche durch den Magen-Darm-Trakt in den Körper gelangen
Vorteile gegenüber konventionellen Impfungen
- leicht zu verabreichen (essen)
- billig (bis zu 1000x billiger als konventionelle Impfungen)
Stand der Entwicklung (Jahr 2000)
- erste Versuche am Menschen laufen: gegen ein Toxin (aus E. coli ), Hepatitis B, Norwalk Virus (verursacht Durchfall)
Nötige Entwicklungen
- mehr Grundlagenforschung auf diesem Gebiet
- Transfer der Technologie in unterentwickelte Gegenden, wo diese Impfungen von grossem Nutzen wären
- Ausarbeitung von Sicherheitsbestimmungen, z.B.: wie sollen solche Pflanzen angebaut werden? Könnten solche Pflanzen allenfalls für falsche Zwecke verwendet werden?
Oeffentlichkeitsarbeit
- Es erscheint es relativ leicht, auf dem Reissbrett Projekte zu entwerfen, die bei der Lösung vielfältiger Probleme hilfreich sein können
- Trotz interessanter Anwendungsmöglichkeiten bleibt das Potential der Gentechnologie umstritten
- Die Gründe hierfür sind eine mangelnde öffentliche Akzeptanz, die aber offenbar teilweise auf Unkenntnissen der komplexen Zusammenhänge beruhen
- Verstärkte Bemühungen, sowohl der Wissenschaft als auch der potentiellen Anwender zur besseren Information der Oeffentlichkeit, scheinen angezeigt
- Informationsquellen